Die Sommerferien dauern in Frankreich etwa zwei Monate von Anfang Juli bis Anfang September – und das für alle 96 Inlands-Departements und damit alle Einwohner mit schulpflichtigen Kindern. Was natürlich jedes Wochenende während dieser beiden Monate zu massiven Staus führt.
Der Stau des Jahrhunderts
Im Sommer 1975 (als es noch viel weniger Autobahnen gab) staute sich der Verkehr auf der Nationalstrasse 10 von Paris in Richtung Spanien über mehr als 400 Kilometer. Und das während einer Hitzewelle und ohne die heute üblichen Auto-Klimaanlagen. Motoren überhitzten reihenweise und insgesamt 145 Menschen starben, vor allem an Hitzschlägen, aber auch durch Verkehrsunfälle. Dieser Jahrhundert-Stau war der Auslöser für die Gründung einer zentralen Stelle für Verkehrsinformationen im Folgejahr. Da es noch wenig Karteninformationen gab, erstellte und verteilte das nationale Straßeninformationszentrum 600.000 Karten, auf denen 3.500km alternative Routen beschrieben waren, die unter anderem auch auf der Befragung von 230.000 Autofahrern beruhten. Außerdem wurden an 18 Orten Informationszentren eingerichtet, um Autofahrer zu beraten.
Bison Futé – Prognosen und Echtzeitinformation
Dabei entstand der Name und die Figur des “Bison Futé”. Anfangs nur für die Angabe von Alternativrouten in der Sommerzeit geplant, informierte Bison Futé dann nach und nach das ganze Jahr und über das gesamte Straßennetz.
Bison Futé erstellt dazu Verkehrsprognosen für Lang- und Mittelstreckenreisen, insbesondere während der Schulferien und rund um Feiertage. Einerseits Jahresprognosen für das gesamte kommende Jahr, andererseits auch etwa 30 detaillierte Prognosen pro Jahr, die 15 Tage vor dem jeweiligen kritischen Zeitraum zur Verfügung stehen. Die detaillierten Prognosen geben insbesondere an, welche Strecken unter Spannung stehen werden, welche Uhrzeiten zu meiden sind und welche geplanten Baustellen auf diesen Strecken zu Verzögerungen führen können.
Damit können Autofahrer für die Fahrt in die Ferien die am wenigsten belasteten Routen oder Zeitfenster wählen. Auch die Behörden nutzen die Prognosen für die Planung des Verkehrsmanagement wie z.B. Fahrverbote für LKWs, der Kontroll- oder Überwachungsdienste oder der Sperrung von grösseren Baustellen, um die Verkehrskapazität in Spitzenzeiten so weit wie möglich freizugeben.
Bison Futé liefert aber auch Verkehrsinformationen in Echtzeit, insbesondere für den täglichen Pendlerverkehr. Die Verkehrskarten verbreiten den Verkehrszustand (flüssig, dicht, überlastet, gesperrte Straßen) in 17 großen Ballungsräumen und erfassen Ereignisse, die sich auf den Verkehr auswirken (Baustellen, Demonstrationen, Unfälle, Straßensperrungen, Verkehrsbeschränkungen…), unabhängig davon, ob sie gerade stattfinden oder geplant sind (Baustellen, Straßensperrungen…). Bison Futé informiert auch während der Winterzeit (15. November bis 15. März) über die Fahrbedingungen, d. h. die Befahrbarkeit der Straße bei Frost, Schnee und Schneefall.
Die Webseite https://www.bison-fute.gouv.fr/ entstand 1997, seit 2016 gibt es auch die mobile App fürs Handy. Ergänzend betreiben die französischen Autobahngesellschaften die Seite Autoroutes.fr.
Juilletistes, Aoûtiens und die Chasse-Croisé
Bison Futé ist eine super Idee. Wir haben unsere letzte Reise in die Schweiz damit geplant und fuhren um 4 Uhr statt um 8 Uhr morgens los – was uns viel Stauzeit ersparte. Leider lässt sich auch damit nicht jeder Stau vermeiden und auch die Planung der Behörden ist nicht immer optimal. Es gibt in den Sommerferien immer wieder so genannte “chassé-croisé”-Wochenenden, an denen sich die “Juillettistes”, die Ende Juli nach Hause fahren, und die “Aoûtiens”, die Anfang August in Urlaub fahren, kreuzen. An diesen Tagen sollte man einfach besser zu Hause bleiben, wenn man nicht unbedingt weg muss. Letzten Sommer hatten wir an einem solchen Wochenende im Dorf Auto an Auto an LKW an Auto… in allen Hauptstrassen und gelegentlich auch Wohnmobile oder LKW, die auf schmalen Brücken oder in Nebenstrassen mehr oder weniger feststeckten… Wer also die Wahl hat, wird ein “Septembriste”, der erst nach der “Rentrée”, wenn alle anderen wieder zuhause und die Strände schlagartig menschenleer sind, in Urlaub fahren.