In manchen Dingen ist Frankreich vielen Ländern voraus. Fast alle öffentlichen Administrationen sind auf relativ gut funktionierenden Webseiten unterwegs. Wenn eine Webseite mal klemmt, hilft es oft, den Browser zu wechseln oder den automatischen Übersetzer auszuschalten und die Webseite auf französisch zu nutzen.
Für ständige Verwechslungen und einige Kopfschmerzen sorgen die beiden Online-Zugangslösungen FranceConnect und FranceConnect+.
France Connect
FranceConnect ist ein Online-Dienst zur Identifizierung und Authentifizierung, betrieben vom französischen Staat, der 2018 den vorigen “Idénum”-Zugang ablöste. FranceConnect bietet die Möglichkeit, sich bei den meisten Webseiten der öffentlichen Verwaltung mit einem einzigen Zugang anzumelden.
So können z.B. die persönlichen Zugangsdaten für die staatliche Gesundheitsversicherungsplattform AMELI (“Assurance Maladie en Ligne”) als Zugang zu DGFP (“Direction générale des Finances publiques” – Verwaltung von privaten und geschäftlichen Steuern), ANTS (“Agence Nationale des Titres Sécurisés” – Behörde für Fahrzeugzulassungen, Führerscheine, Ausweise, Visa und Aufenthaltsgenehmigungen, etc…), Urssaf (“Union de recouvrement des cotisations de sécurité sociales” – Verwaltung der Sozialversicherungsbeiträge), etc. genutzt werden.
Auch die Online-Zugänge anderer Plattformen können genutzt werden, wie z.B. der Zugang zu MSA (“Mutualité sociale agricole” – Sozialversicherungsplattform für in der Landwirtschaft Tätige), die “Identité numérique” von La Poste, die staatliche App “France Identité” oder Identifizierungszugänge von privaten Anbietern wie Yris oder TrustMe.
FranceConnect+
FranceConnect+ bietet seit 2021 einen noch höher zertifizierten Onlinezugang inkl. E-Signatur, der vielen Leuten, vor allem auch EU-Bürgern, einen Haufen Kopfschmerzen macht. Um FranceConnect+ einzurichten, muss man nämlich volljährig sein, im Besitz eines Smartphones und im Besitz eines französischen Ausweises (also der französischen Staatsbürgerschaft) oder einer Aufenthaltsgenehmigung mit mindestens 5 Jahren Gültigkeitsdauer.
EU-Bürger haben natürlich weder noch.
Und doch braucht man einen FranceConnect+ um zum Beispiel über INPI (“Institut national de la propriété industrielle” – Plattform für den Schutz von Marken und geistigem Eigentum und für alle Online-Prozesse rund um die eigene Firma) auch nur die Adresse der eigenen Firma zu ändern. Oder um über das eigene Bildungskonto bei CPF (“Compte de formation professionelle”) eine Weiterbildung buchen zu können.
FranceConnect diskriminiert daher eine ganze Reihe von Personen:
– Minderjährige
– EU Staatsangehörige, die keine Aufenthaltsgenehmigung benötigen
– Ausländer mit einer Aufenthaltsgenehmigung unter fünf Jahren
– Personen, die ihre personenbezogenen Daten nicht an Google oder Apple weitergeben möchten
Personen, die kein Smartphone besitzen
Um INPI, CPF etc. dennoch nutzen zu können, muss man einige Verrenkungen vollführen, um eine gültige E-Signatur zu bekommen. Zwar sollte INPI z.B. Alternativen angeben, die meisten dieser Alternativen sind jedoch für INPI-Prozesse gar nicht zugelassen und INPI-Kundenberater (so man welche findet) sind keine Hilfe.
Es gibt einige Onlineanbieter für entsprechend hoch-zertifizierte E-Signaturen, aber die meisten richten sich an professionelle Nutzer und bieten teure Abo-Modelle. In meiner Erfahrung aus 2024 sind aktuell vor allem LexPersona und ZealID funktionierende Alternativen für den Einmalgebrauch.


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