Die wilde Jagd

Jagdsaison in Frankreich

Seit 11. September ist die allgemeine Jagdsaison eröffnet. Man hört es seitdem am allenthalbigen «Piff-Paff» jeden Mittwoch, Samstag und Sonntag ab 8 Uhr morgens. Das wird so weitergehen bis am 28. Februar 2023, wenn der Spuk vorerst wieder beendet ist.

Auf meinen Spaziergängen ist mir ausser einigen Wildschweinspuren und einem Eichhörnchen im Wald noch kein Wild begegnet, vermutlich versteckt es sich gut. Spaziergänger wie mich hat es dagegen einige und wir sind gut beraten, bis Ende Februar sehr farbige Kleidung zu tragen, an den entsprechenden Tagen nicht auf der Suche nach Pilzen im Gebüsch herumzukriechen und uns auch sonst auffällig zu verhalten.

Denn Unfälle gibt es immer wieder. Vor zwei Tagen hat ein Jäger, der sein Gewehr nach hinten zeigend auf der Schulter trug, aus Versehen seine Frau erschossen, die hinter ihm lief. Vor ebenfalls zwei Tagen hinterliess ein fehlgerichteter Schuss ein golfballgrosses Loch in einem – glücklicherweise gerade unbespielten – Kinderspielhaus. Vor einer Woche wurde ein Pilzsucher schwer verletzt – durch den lokalen Jagdvereinspräsidenten. Und eine Mutter und ihre zwei kleinen Kinder erhielten Schrotkugeln in die Beine, während sie in den Weinreben spazierengingen – weil ein 81jähriger Jäger beim Schuss auf einen Hasen von der Sonne geblendet wurde. Und das sind nur die ersten Google News Resultate. Natürlich werden auch Katzen und Hunde immer wieder von übereifrigen Schützen für Hasen oder Rehe gehalten.

Insgesamt gibt es laut offiziellen Statistiken seit 20 Jahren immer weniger solche Unfälle. In Zahlen heisst das 90 Unfälle für die Jagdsaison 2021/2022, davon 8 mit tödlichem Ausgang, von diesen wiederum waren sechs der Opfer selbst Jäger. Hunde und Katzen werden natürlich nicht gezählt. 2002 waren es noch 31 Todesfälle. Bei den Toten werden allerdings nur die unmittelbaren Todesfälle gezählt, nicht die verzögerten Todesfälle aufgrund von Schussverletzungen. Die meisten Unfälle finden naturgemäss Sonntags statt, wenn die Natur stark frequentiert wird – von Jägern wie Nichtjägern gleichermassen.

Wie immer, wenn es um Waffen geht, ist der Mensch hinter der Waffe das Problem. Die grosse Mehrheit aller Unfälle ist auf eine Missachtung elementarer Sicherheitsregeln zurückzuführen: der Schusswinkel liegt unter 30 Grad, es wird in Richtung Strasse, Wanderweg oder Gebäude geschossen, die Waffe wird falsch behandelt, etc. Das erklärt die Unfälle, macht es aber nicht nachvollziehbarer, warum doch relativ viele anscheinend mangelhaft ausgebildete Privatleute eine Waffe tragen und nutzen dürfen.

Aber wie überall teilt auch hier die Jagd die Meinungen. Auf der einen Seite leidenschaftliche Befürworter, auf der anderen Seite ebenso leidenschaftliche Gegner. In der Mitte diejenigen, die die Jagd zumindest auf WIldschweine gerechtfertigt finden und alle anderen Schattierungen von Pro, Contra oder Mir-Egal. Die Jagdvereine lassen es sich indes angelegen sein, Sicherheitsregeln zu kommunizieren.

Und ich trage eine sehr farbige Jacke.

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